Sonntag, 7. Juli 2019

Tag-99 Örnsköldsvik - Umeå

Der schöne Abend wurde etwas länger, die Nacht dadurch etwas kürzer. Zum Frühstück treffe ich Tom und Ciarán am riesigen und vielfältigen Buffet. Für unterwegs machen wir uns noch ein Bütterken. Unsere Wäsche von gestern Abend ist auch schon trocken und ist bereit, gleich wieder nass zu werden. Denn es regnet etwas ungemütlich als wir starten. Was soll's ? Mit Hilfe von Google suche ich den Weg aus der Stadt. Die irischen Erwartungen an einen Guide aus good old Germany sind hoch. Und schon habe ich die erste Abfahrt verpasst. So ne Wende ist für ein Tandem eine größere Aktion. Und dann geht's auch noch auf Schotter. Das ist Gift für die schmalen Rennradreifen. Endlich kommen wir auf einen passablen Radweg - denke ich. Der von Google vorgeschlagene Weg geht erneut über Schotter und einen Friedhof und endet schließlich kurz vor der Straße. Also absteigen und über unwegsames Gelände hoch schieben. In der Hoffnung auf eine Strecke abseits der Schnellstraße landen wir nochmal vor einem Schotterweg. Jetzt reicht's aber ! Auf weitere Experimente verzichten wir und wenden direkt auf die ungeliebte Schnellstraße E4.
Und da ist dann für mich die Kaffeefahrt vorbei. Wenn die beiden ihre 160kg plus zwei Rucksäcke mit (insgesamt) 10kg erstmal in Bewegung gesetzt haben, gibt's kein Halten mehr. Die zwei man-power bringen eine enorme Geschwindigkeit auf die Straße, die ich einfach nicht schaffe. Das sind vor allem meine breiten Reifen, aber natürlich auch mein ungünstiges Gewicht-Kraft-Verhältnis. Dann kommt jedoch eine längere Steigung und ich kann Meter um Meter auf- und sie schließlich sogar überholen :-)
An einem Sightseeingpunkt kommen wir endlich mal runter vom Highway to hell. Es ist ein Freilichtmuseum. Das Café ist einem historischen Haushalt eingerichtet. Spezialität sind frische Waffeln mit Marmelade und Schlagsahne. Auf die muss man allerdings etwas länger warten. Wir sitzen mit einem dänischen Paar zusammen, die seit 30 Jahren mit ihrem Camper regelmäßig in Schweden Urlaub machen, wo es für dänische Verhältnisse günstig ist.
Weiter geht's nun erstmal neben der E4 über eine Nebenstrecke. Kurz nach dem Start stoppen die beiden. Ich denke, die beiden wollen endlich in ihrem Tempo voran kommen und beginne mich zu verabschieden. Doch weit gefehlt: ich soll das Tandem steuern! ob das gut geht? Ja geht es! Das ist zunächst eine wackelige Angelegenheit, aber wenn man erstmal eine stabile Haltung gefunden hat, ist es wie Fahrrad fahren :-) der Spaß kommt aber schon bald zum Ende, denn die Straße geht wieder in Schotter über. Google kündigt etwa vier Kilometer schnurgerade Strecke bis zur E4 an. Und wir nehmen die Herausforderung an. Das ist eine echte Anstrengung für mich und erfordert hohe Konzentration, um die Schlaglöcher zu umfahren und auf der jeweiligen Spur mit festem Untergrund zu bleiben.
Auf der Schnellstraße überlasse ich dann gerne Ciarán wieder das Steuer. Und weg sind sie ! An einem Kaff machen wir nochmal ne größere Pause mit Energiezufuhr. Mein Akku muss auch dringend aufgeladen werden. Statt ner Kleinigkeit empfiehlt der Service, doch zum gleichen Preis das Mittagsmenü mit Salat, Getränk, Eis und Kaffee zu nehmen. Ok, wenn um 16 Uhr noch Mittag ist, da sagen wir doch nicht Nein. Dermaßen gestärkt kann's weitergehen. Wir haben immer noch etwa 50km vor uns. Das wird aber spät!
Die beiden legen immer wieder kurze Stopps zum Verschnaufen ein und damit ich aufschließen kann. Dabei werden unzählige Fotos und Videos gemacht. Die letzten Kilometer vor Umeå ist es flach und die beiden sind nicht mehr zu sehen. Schließlich kommt die Stadtautobahn mit einem Verbotsschild für Radfahrer. Da die beiden hier nicht warten, sind sie wohl einfach durchgefahren. Also hinterher. So musste es ja kommen: unbefugte Benutzung der Autobahn - das kostet uns eine Nacht hinter schwedischen Gardinen. Morgen früh gibt's wahrscheinlich Haferbrei, trockenes Brot und nen Becher Wasser? 
Wir sind passenderweise im GF, dem gamla fängelset, untergekommen. Das ist das alte Gefängnis der Stadt, was richtig gut hergerichtet wurde. Heute Abend haben wir Freigang und lassen uns auf einem Schiff nieder. Mit Hilfe einer zuvorkommenden jungen Bedienung stellen wir uns einen bunten Mix aus leckeren Kleinigkeiten zusammen. Und dazu gibt's dann so ein, zwei, drei Bierchen ...










1 Kommentar:

  1. Meine Güte, sind die Iren, die Du bislang unterwegs getroffen hast, gut und minimalistisch drauf. Jetzt wundert es mich nicht mehr, dass Nord -Europa in erster Linie von irischen Mönchen missioniert wurde. Anne

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