Montag, 22. Juli 2019

Tag-114 Olderfjord - Honningsvåg

Die Gemeinschaftsküche befindet sich in der Restaurierung. Also müssen wir draußen frühstücken. Das geht ganz gut, weil sich die Mücken noch zurückhalten. Unser Müsli mit Joghurt ist geradezu Feinkost verglichen mit dem Fisch in Tomatensoße aus der Dose, den der Belgier Jan isst. Er ist auf dem Rückweg und wir haben noch eine harte Etappe vor uns, vor der ich ganz schön Respekt habe. 100 Kilometer sind ja eigentlich immer machbar. Aber in Kombination mit 1.700 Höhenmetern ist das nicht ohne. Das Höhenprofil von Komoot weist einige äußerst steile Kletterpassagen bis 350m auf. Google Maps bestätigt lediglich die Länge der Tour, bietet aber keine Radvariante an. 
Auf der Strecke gibt's auch wieder nix. Das heißt, es gibt nur das, was wir mitnehmen. Deshalb hole ich mir im Restaurant noch ein Sandwich mit Räucherlachs (es gibt nichts anderes) und ein Süßteil. 
Die Straße führt im Sonnenschein direkt an der Küste entlang. An einer kleinen Fischersiedlung stehen die Gestelle für Stockfisch, der im Winter mehrere Monate einfach an der Luft trocknet. Jetzt hängen lediglich ein paar Fischköpfe dran.
Wie so oft im Leben kommt es erstens anders und zweitens als man denkt. Ich hatte schon von mehreren Tunneln auf der Strecke gelesen und gehört. Nach 25km kommt der erste und er fängt genau dort an, wo von Komoot die erste Klettertour ausgewiesen wird. Des Rätsels Lösung ist also die Berücksichtigung der Tunnel. Damit kommt der Routenplaner nicht zurecht und geht über den Berg inclusive zugehöriger Höhenmeter. Aber der Tunnel ist auch für Radfahrer frei und so können wir unsere Tour flach fortsetzen.
Vor der Einfahrt steht eine Silberschmiede mit Souvenirs - ein Magnet für die Touristen. Für uns fällt da vor allem ein Kaffee zu unserem Proviant ab. 
Eine Gruppe Motorräder ist auch gerade angekommen. Es ist eine kommerziell organisierte Tour mit zwei Gruppen von jeweils neun Motorrädern, die von einem Gepäckbus begleitet werden. Sie sind mit der Fähre von Kiel nach Oslo übergesetzt und von dort seit einer Woche durch Schweden unterwegs. Nach dem Nordkapp fahren sie zwei Wochen an der norwegischen Küste zurück.
Wir ziehen uns etwas warmes über und statten die Räder mit roten Blinklichtern aus. Dann geht's von etwa 20 Grad in der Sonne für 4km ab in den Kühlschrank. Das Thermometer sinkt auf knapp unter 10 Grad. Durch den rauen Asphalt sind die Fahrgeräusche der Autos verdammt laut. Aber heute ist erstaunlich wenig Verkehr. 
Die weitere Strecke ist einfach toll mit beeindruckenden Felsformationen und kleinen Buchten. Hin und wieder geht's über einen Bergrücken, die uns einiges an Kraft kosten. So wie auch der zunehmende Wind VV. Statt einer größeren Pause am einzigen Restaurant wollen wir lieber noch vor einem möglichen Regen zum großen Tunnel kommen. Also beschränken wir uns auf unseren Proviant. Nach gut 70km kommt dann das Highlight. Ein Tunnel von rund 7km Länge verbindet die Nordkapinsel mit dem Festland. Dabei geht's auf 212 muNN - also unter NormalNull ! Das heißt für uns also erstmal abwärts. Der Tunnel  wird für uns zur Horrorfahrt:
- von 18 Grad wieder auf unter zehn Grad,
- der Lärm der Fahrzeuge auf dem rauen Asphalt hört sich nach einem Schnellzug an,
- zur Belüftung gibt's hier außerdem höllisch laute Ventilatoren: das dröhnt wie auf einem Flughafen.
Und wie man in den Tunnel reinfährt, so kommt man auch wieder raus! Aus dem Gefälle bei der Einfahrt wird bei der Ausfahrt jedoch eine Steigung, die bis 13% reicht und sich über gut 3km zieht.
Nach 40 Minuten haben wir's dann endlich geschafft und sind fix und foxi. Physisch und vor allem auch mental. Dabei hatten wir noch Glück mit relativ wenig Verkehr und lediglich einem Reisebus, der uns überholt hat. 
Vor uns liegt noch eine weitere Stunde Fahrt an der Küste und ein letzter flacher Tunnel mit gut 4km Länge. Dann haben wir's geschafft und sind in Honningsvåg. Im Hafen liegt gerade ein Schiff der Hurtigruten.
Im Vandrerhjem bekommen wir sogar noch ein günstiges Doppelzimmer und verzichten auf den zusätzlichen Weg zum Campingplatz. Abweichend von den üblichen Ladenöffnungszeiten mit Sonntagsruhe ist der Supermarkt um die Ecke geöffnet, so das wir uns heute Abend selbst versorgen können mit Hähnchen, Kartoffelecken und Maiskolben. Für'n Bier reicht's aber leider nicht mehr, weil das nach 18 Uhr nicht mehr verkauft werden darf. Aber ich bin heute auch ohne Bier müde genug ...






















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