Dienstag, 30. April 2019

Tag-31 Hospital de Orbigo - Bercianos del Real Camino

Nach einem guten Frühstück verabschiedet die senora uns herzlich und lädt uns ein, im nächsten Jahr wieder zu kommen. Erstaunlich wie gut Verständigung auch ohne Fremdsprachenkenntnisse funktionieren kann.
Debby geht's schon wieder wesentlich besser und so starten wir in weite Ebenen und meist an schnurgeraden Straßen entlang. Die Häuser sind überwiegend aus Ziegelsteinen gebaut. Die durchbrochenen Glockentürme der Kirchen werden oft von Störchen als Nistplatz genutzt. 
Heute sind wir wieder nah am Pilgerweg mit dem entsprechenden Pilgerstrom, der uns entgegen kommt. Auffallend ist die ansehnliche Zahl von Asiaten. Während Europäer in Asien und in den dortigen Meditationstechniken nach Ruhe und Gelassenheit suchen, machen die sich hier auf den Jakobsweg. Aus der Nähe sind sie natürlich leicht auszumachen. Aber hier erkennt man sie auch aus einiger Entfernung: einen großen Hut mit breiter Krempe und Nackentuch hat jeder, Sonnenbrille natürlich auch. Viele tragen auch Handschuhe, manche dann noch einen Mundschutz aus dem OP. Und dann gibt’s noch viele, die eine asiatische „Burka“ tragen, so dass vom Gesicht aber auch gar nix mehr zu sehen ist. Wozu das ganze? Wohl weniger aus religiösen Gründen als vielmehr zum absoluten Schutz vor der Sonne! Andere Länder, andere Sitten: im Osten gilt die weiße Haut als Schönheitsideal. Es handelt sich vielfach um (wahrscheinlich christliche Süd)Koreaner.
Nächste Station ist Leon, das aus einem römischen Legionslager hervorgegangen ist und einiges an alten Sehenswürdigkeiten zu bieten hat. In der Mittagszeit kommt man da jedoch nicht überall rein. Da lassen wir uns zur Abwechslung doch mal das Spezialmenü „degustacion" schmecken.









Wir fahren weiter und kommen in der Ebene natürlich gut voran. Am späten Nachmittag bilden sich hinter uns sagenhafte Wolkenformationen, in der Ferne sind einzelne Regenschauer auszumachen und wir haben (noch) Sonne :-) Schließlich bekommen auch wir die ersten kleinen Regentropfen ab. Im nächsten Dorf sind die beiden Hostels ausgebucht. Debby möchte sich nochmal im Einzelzimmer regenerieren und so fahren wir weiter. Wir haben Glück: Aus den Tropfen wird nicht mehr und so kommen wir trocken im nächsten Dorf an, wo wir auch ein kleines Hotel finden. Zur Krönung des Tages gönne ich mir eine Massage. Die Oberschenkel stehen ziemlich unter Anspannung. Auch hier überwinden wir die Sprachbarriere ganz gut und ich bekomme nochmal die eigentlich bekannten Tipps für Dehnübungen vor und nach dem Sport. Mit einer kleinen Mahlzeit mit vino tinto beschließen wir den Tag.



Sonntag, 28. April 2019

Tag-30 Riego de Ambros - Hospital de Orbigo

In dieser Herberge geht's etwas lockerer zu. Nach dem Weckruf schnarchen einige doch glatt weiter. Das Bad bietet echten Luxus: Warmwasser am Waschbecken - das ist schon etwas besonderes!
Mit dem Frühstück haben wir heute Pech: die einzige Bar bietet nur Café und Schokoladenkuchen, Früchte und Joghurt.
Dafür passt das Wetter mit Sonnenschein pur. Also geht's erstmals von Anfang an in kurz-kurz und mit Sonnencreme zum heutigen Aufstieg auf knapp 1.500m. Der beginnt schon nach einer kurzen Einrollstrecke knackig, die Anzeige ist schnell bei 10% angelangt. Über 6km pendelt sie fast ständig in diesem Bereich und geht bis 17%. Jammern hilft ja nicht, aber schieben erleichtert das Geschäft. In den „Flachstücken" mit 5-7% lässt es sich vergleichsweise gut fahren ;-) Unterwegs erinnert vor einem Friedhof der Nachbau eines Rades, dass nicht alle ans Ziel kommen :-( Nach 6km wird's endlich leichter, aber dann kommt noch ein letzter knackiger Anstieg bis es nach 8km (fast) geschafft ist. Der Blick zurück über das Becken von Ponferrada ist einmalig: ringsum schneebedeckte Berge. Es geht moderat weiter bis nach 14km der Gipfel erreicht ist: das Cruz de Ferro. Hier haben die Pilger über Jahrhunderte einen ansehnlichen Berg aus Steinen aufgetürmt. Sie stehen für Träume und Erinnerungen, Wünsche und Hoffnungen.
Bis Astorga geht's jetzt über knapp 30km nur noch abwärts. Da macht Radfahren doch richtig Spaß!
Die Kathedrale in Astorga ist echt sehenswert und so nehmen wir uns einen Audioguide für nähere Erläuterungen auf deutsch. Nebenan steht ein Gaudi-Palast, der nun nicht gerade unseren Erwartungen entspricht.
Auf der Plaza Mayor nehmen wir ein Pilgermenü; den Ausweis müssen wir erst gar nicht vorzeigen. Es dauert etwas bis ich klar gemacht habe, dass ich den Rotwein gern mit Zitronensprudel möchte, dabei war das doch gar nicht meine Idee. Die servieren hier Rotwein regelmäßig gekühlt und eben auch in dieser Radlervariante, die richtig lecker ist und nicht dröhnt.
Dann geht's weiter Richtung Leon. Mal sehen, was wir heute noch schaffen. Mein Routenvorschlag geht zunächst grandios in die Pampa mit einigen km Schotterpiste und führt uns dann in das Tal des Obrigo. Zu dessen Querung haben schon die Römer eine großartige Brücke mit 21 Bögen errichtet. Hier sind auch wieder etliche Störche zu Haus. Debby hat heute trotz Erkältung gut durchgehalten, aber jetzt braucht sie mal etwas Luxus im Einzelzimmer mit Heizung und ohne schnarchende Mitschläfer. Wir finden ein Casa rural (eine Art Ferien auf dem Bauernhof), das jedoch nur noch ein einziges entsprechendes Zimmer für Pilger frei hat. Wir machen der Chefin klar, dass wir zwei getrennte Zimmer möchten und so gibt sie nach sichtbarem Ringen mit sich selbst schließlich das Hochzeitszimmer frei !
Außerdem geht sie auf Debby's Erkältung ein und gibt gute Ratschläge. Außerdem bekommen wir noch ne Kleinigkeit zu essen. Ich versuche noch, etwas ohne viel Arbeit zu erhalten, aber sie verweist nur auf ihre portugiesische Herkunft und schnippelt schon Kartoffeln für ein spanisches Omlett (Tortilla). Vorweg gibt's einen einfachen, aber leckeren Salat und hinterher einen einmaligen Käsekuchen. Der Wein macht müde ...








Samstag, 27. April 2019

Tag-29 Alto do Poio - Riego de Ambros

In der Herberge glaube ich schon, verschlafen zu haben: die Sonne grell am Himmel, dann muss es doch schon nach acht Uhr sein ? Aber nein, eine übereifrige Pilgerin will zeitig los und hat schon um halb sieben das Licht eingeschaltet! Gute Gelegenheit, den Vorhang der Wahlkabine ohne großes Aufsehen loszuwerden. Um acht müssen hier eh alle raus sein.
Das schaffen wir dann auch locker und radeln ne knappe halbe Stunde durch Wolken und Nebel bei knapp fünf Grad auf und ab, um im sehenswerten O Cebreiro unser Frühstück zu bekommen. 
Der heutige Tag könnte auch als Ruhetag gelten: Abfahrt über knapp 60km nach Ponferrada. Dabei vernichten wir die gestern mühsam erarbeitete Lageenergie und rollen etwa 800m abwärts. Aus den Wolken raus, haben wir schon bald klare Sicht auf die umliegende besonnte Gegend und kommen schließlich selbst in den Sonnenschein :-) der wird uns heute treu bleiben.
Hier oben überfahren - besser: überrollen - wir dann auch irgendwann die Grenze nach Castlia y Leon.
Wir fahren durch das Tal der Valcarce. Das ist dem Ahrtal sehr ähnlich: nur zwei Nummern größer und statt Weinterrassen gibt's Betonterrassen, damit die Autobahn noch reinpasst.
Die Handschuhe aus Santiago leisten auf dieser Abfahrt sehr gute Dienste; bei einem Boxenstop werden sie jedoch leider Opfer der Sonne, da es inzwischen angenehm warm ist und ich sie gar nicht vermisse. So lasse ich sie wohl auf den Satteltaschen liegen und haben dort keinen Halt ...
In Villafranca del Bierzo machen wir Mittagspause, die wir noch etwas verlängern müssen, weil die Straßen für eine Vuelta gesperrt sind.
Das Tal öffnet sich in eine fruchtbare Ebene mit Obst- und Weinbau. In Ponferrada gibt's ne alte Burg der Tempelritter und eine sehenswerte Altstadt. Wir trinken noch einen Café con mit churros und entscheiden uns zur Weiterfahrt. Der Tag ist noch jung und wir sind noch voller Energie. Diese Gelegenheit nutzen wir, um den morgigen Anstieg von 1.000m etwas zu reduzieren. Und so fahren wir hinter Molinaseca durch ein schönes Tal mit weißem Ginster. Der Blütenduft ist mal wieder betörend. Atemberaubend schön ist der Ausblick auf die umliegenden Berge, deren schneebedeckte Gipfel mit dem weiß der Wolken am blauen Himmel eins werden. 
Unterwegs zeigt sich, wie hier eine potentielle Gefahrenquelle fachmännisch gesichert wird ;-) Nach etwa 300 Höhenmetern kommen wir nach Riego de Ambros. Die Herberge hat noch freie Plätze und so beziehen wir hier Quartier. Morgen geht's dann weiter aufwärts auf etwa 1.500m ... und das voraussichtlich im Sonnenschein :-))










Tag-28 Portomarín-Alto do Poio = der Härtetest

Vom Papier her steht heute eine der härtesten Etappen an: 60km mit 1.610hm und das mit dem bereits erwähnten Übergewicht ! Das Frühstück fällt zunächst wieder gut und üppig aus, denn man weiß ja nie. Nur Tobias fühlt sich nach der Queimada von gestern Abend noch nicht so richtig fit und verzichtet; er verabschiedet sich Richtung Santiago - buen camino!
Rechtzeitig zum Start gibt's mal wieder Regen und für uns ein warm-up mit etwa 300hm auf 6km. Oben gönnen wir uns ne kurze Pause; ich mit Café con und trockenen Klamotten. Vor uns stehen jetzt erstmal ca 35km welliges Gelände mit den „üblichen" Anstiegen. Die Landschaft ist phantastisch, der Regen ist inzwischen weg. Nach einer Woche ohne sind auch wieder einige Störche zu sichten. In Sarria gibt's auf halbem Weg noch mal ne kräftige Mittagspause. Bei der Weiterfahrt kommt uns dann doch tatsächlich ein Schneepflug entgegen: Aber von Schnee ist hier (noch) keine Spur!
So sammeln wir weiter unsere km und hm und kommen endlich nach Triacastela auf 670m. Es ist inzwischen halb fünf, wir nehmen einen letzten Café con und dann den Schlussanstieg in Angriff. Der zieht sich laut Tourplan über etwa 15km und knapp 700hm und sollte dann doch in anderthalb Stunden zu schaffen sein? Auf den Höhen sind tatsächlich Schneeflecken auszumachen, müssen wir so hoch?
Nach kurzer Strecke verlassen wir die Straße und fahren über eine asphaltierte Nebenstrecke. Und dann steht eine Wand vor uns!! Sie ist natürlich nicht senkrecht, kommt uns aber so vor. Also runter vom Sattel und schieben bei 17% - das ist nicht die spanische Mehrwertsteuer, sondern die Anzeige meines Tachos für die Steigung. Und die geht auch auf den folgenden etwa 3km nur unwesentlich runter! Immerhin bleibt uns der Wettergott gnädig. Endlich kommen wir oben wieder auf eine Straße mit Markierung. Sie führt uns weiter nach oben, aber doch vergleichsweise moderat. Unsere Kräfte schwinden, dafür wird's kälter. Auf der Hauptstraße gehen die Steigungsprozente weiter zurück, dafür sind wir jetzt im Schnee und erreichen den heutigen Höhepunkt: Alto do Poio auf 1.335m. Es ist inzwischen 20 Uhr und das Thermometer zeigt 3,6 Grad Celsius an !!! Aber ein Zielfoto muss hier noch sein: Gratulation, Härtetest bestanden! Kurz unterhalb des Passes beäugen wir die öffentliche Herberge. Die 20 Betten sind noch nicht ausgebucht und so bleiben wir. Die Bude ist ziemlich kalt, aber die Dusche heiß. Im Schlafsaal gibt's immerhin ne Heizung, außerdem sorgen zehn Frauen und Männer für menschliche Wärme. Natürlich auch für menschliche Gerüche; doch die nimmt man nach drei Atemzügen nicht mehr wahr. Jetzt noch schnell in die Bar für ne warme Mahlzeit, denn pünktlich um zehn ist die Tür zu. Und die Herbergsmutter macht nicht den Eindruck, dass sie auch nur eine Minute länger wartet. Also bleiben uns 49 Minuten. Die Chefin kennt die Bedingungen der Herberge und bedient uns just in time: caldo galego, Rippchen mit Pommes, flan und Café con! Sooo was von lecker nach dieser Tortour! 21:59 Uhr kommen wir zurück und Mutti hat schon den Schlüssel im Schloss.
Auf Herbergen bin ich nur begrenzt eingerichtet: Seidenschlafsack und Handtuch aus Microfaser. Dummerweise gibt's trotz Kälte hier oben keine Decken. Da ist die Seide nen bisschen dünn. Im Essbereich ist für die Wahl am Sonntag schon eine Kabine aufgestellt. Die hat einen Vorhang, der zwar nicht aus Wolle ist, aber doch etwas helfen sollte :-)









Freitag, 26. April 2019

Tag-27 Arzua-Portomarin

In meinem Hotel gibt's ein sehr gutes Frühstück vom Buffet, da muss niemand hungern :-)
Das Wetter gibt der App recht: heute zur Abwechslung also mal wieder Regen, aber zwischendurch auch mal ein paar Sonnenstrahlen.
Die Etappe ist kurz aber auch wieder mit Höhenmetern gespickt. So quälen wir uns denn die Berge hoch. Gleich zu Beginn geht's auf dem originalen Pilgerweg abwärts zu einer roman(t)ischen Brücke. Auf der anderen Seite dann genauso steil wieder bergauf: etwa 1 km mit bis zu 16% !!
Vor allem merken wir heute so richtig, welche Massen sich im Mainstream auf diesem Weg gen Santiago bewegen. Der einzelne merkt davon ja praktisch nichts. Wir kommen von einer Begrüßung zur nächsten „buen camino". Auffallend auch die Angebote eines Besenwagens, der die Fußkranken einsammelt und zur nächsten Station bringt. Der Pilgerweg verläuft heute vielfach an einer der kleinen Straßen entlang, immer wieder gibt's Warnhinweise für die Autofahrer und Querungen, die mit Blinklicht auf sich aufmerksam machen. Die haben hier ganz schön was in die Infrastruktur investiert! Naja, so ne Schlagzeile über Verkehrsunfälle mit friedlichen Jakobspilgern würde sich ja auch nicht so gut machen.
In Melide gönnen wir uns eine kurze Pause: ich mit einem Café con, Debby mit einem Wasser... und sie bekommt ein Tapas dazu: ein Stückchen Grillfleisch zwischen zwei Brotschnitten !! Hallo ? Da hab ich wohl was falsch gemacht ?
Dermaßen gestärkt geht's auf die nächste Etappe.
Wir kämpfen weiter gegen Regen und Steigungen, während uns der Wind heute vorwiegend VSH unterstützt. Schließlich ist ein weiterer Boxenstopp fällig, den wir wegen heftigem Regen für ein menu del dia nutzen: da kann man wirklich nicht meckern !!
Schließlich erreichen wir den heutigen Höhepunkt und der Regen ist (fast) durch. Etwa 13km Abfahrt nach Portomarin stehen uns nun bevor. Die genießen wir und bekommen auch noch ein Naturschauspiel gratis dazu: ein toller Regenbogen, noch dazu in doppelter Ausführung :-))
Portomarin war ein wichtiger Übergang für den Mino. Mit dem Bau eines Stausees wurde das alte Dorf geflutet und verlagert, so auch die imposante Wehrkirche.
Ich teste nach einer heißen Dusche zunächst das Angebot an Tapas und treffe mich dann mit Debby und Tobias in der Bar ihrer Herberge. Sie haben sich bereits mit der Herbergsmutter bestens bekannt gemacht. Neben einer warmen Kleinigkeit fragen wir auch nach der galizischen Spezialität Queimada ? Die ist jedoch leider nicht zu haben und auch in anderen Bars nicht im Angebot. Schließlich erbarmt sich aber der Herbergsvater und mixt eine Queimada für uns zusammen! Das ist eine Art Feuerzangenbowle, die ich ja gerne selber gezündelt hätte :-) das Zeug hat einiges an Prozentpunkten drin und brennt ziemlich lange! mindestens 60% - mehr habe ich nicht (mehr) verstanden. Das ist dann auch der richtige Moment für boa noite.









Donnerstag, 25. April 2019

Tag-26 camino frances a la inversa

Das Frühstück in Negreira ist mal wieder super. Das deutsche Pärchen in der Bar war getrennt den camino primitivo bzw. portugaise gelaufen und will nun gemeinsam nach Finisterre und Muxia. Mein Ferienhäuschen in Lires hatten sie gerade gebucht. 
Für mich geht's nun weiter nach Santiago, den Weg "kenne" ich ja schon, erspare mir aber diesmal Abschweifungen. So bin ich bereits gegen elf in Santiago und besorge mir noch etwas Ausrüstung bei Decathlon, hole mir meine Stempel und treffe mich dann mit Debby. Mit ihr hatte ich mich über die Mitradelzentrale des ADFC verabredet. Wir werden sehen, ob's passt und dann gemeinsam fahren. Heute heißt das zunächst bis Arzua über gut 40km und einige Höhenmeter. Externer Widrigkeitsfaktor ist der Regen! 
Highlight ist zunächst der Monte do Gozo, der Berg der Freude: nach ihrer langen Tour auf dem Jakobsweg sehen die Pilger von hier oben erstmals Santiago! 
Wir sehen aber eigentlich gar nix, denn es geht gerade mal wieder ein heftiger Regenschauer auf uns nieder. So fahren wir weiter durch den Regen: von dem gibt's meist mehr, mal etwas weniger und ab und zu macht er auch mal ne Pause. Schon lange vor dem Ziel sind wir durchnässt, selbst die Füße sind nass!! Immerhin bleibe ich trotz neun Grad warm.
Mal sehen, wie wir die nächsten Tage bewältigen, denn der Regen soll uns erstmal erhalten bleiben :-(





Dienstag, 23. April 2019

Tag-25 Muxia-Negreira

In der Nacht habe ich schon den Regen prasseln hören. Da brauche ich gar keine WetterApp, die hier eh nicht läuft. Heute morgen sieht's jedenfalls nicht besser aus. Frühstück gibt's hier erst gegen halb zehn, also mache ich mich in Regenklamotten plus Regenponcho erstmal auf den Weg - vielleicht bietet sich ja unterwegs ein Frühstück. Damit begrabe ich einen meiner alten Grundsätze und starte sehenden Auges in den (heftigen) Regen. Nach kurzem Weg mache ich jedoch schon im Dorf in einer Bar Halt. Dort haben sich bereits einige Pilger versammelt und warten auf ein Ende des Regens. Also erstmal ein leckeres Frühstück. Und weils mit dem Ende des Regens laut App noch etwas dauert, gleich noch etwas ausgiebiger. Ich unterhalte mich noch mit drei jungen Leuten aus Köln und Südtirol, die sich auf dem camino del norte kennengelernt haben und nun kurz vor dem Ziel in Finisterre sind. Gegen elf klart es dann wie angekündigt auf und der Regen lässt nach, also auf geht's. Die Landschaft hat einige Wellen, die immer wieder mit heftigen Anstiegen verbunden sind: was nützen mir 8% Gefälle, wenn's auf der anderen Seite genauso steil nach oben geht? Das ist ein Nullsummenspiel für die Höhe, aber ein richtiges Defizit für die Kräfte. Aber, um mit Paul zu sprechen: that's not complaining, it's only a description of the situation ;-) Der Spaß hört aber endgültig auf, als meine Anzeige auf dem Tacho 20% anzeigt: das ist wie Treppen steigen, nur ohne Stufen :-(
Schließlich komme ich aber doch noch in Muxia an, einem weiteren Ziel des Jakobsweges mit einer Wegmarke Null. Inzwischen scheint die Sonne und ich genieße die stürmische Brandung. Dann heißt es zurück Richtung Santiago. Von den gut 70km habe ich mir 50 vorgenommen; das sollte für heute reichen, da noch einige Höhenmeter da drinstecken. Die bekomme ich auch gleich zu spüren! Der Wind ist inzwischen gnädig, nachdem er heute morgen noch vorzugsweise VV drauf hatte. Die Sonne wärmt mir angenehm den Rücken und bei zunehmendem Gefälle ergeben sich auch längere Strecken mit über 20km/h - so kann's weitergehen. Aber irgendwann ziehen mir dann auch wieder Regenwolken nach. Bei einer Kaffeepause holen Sie mich endgültig ein; aber ich habe Glück und bleibe am Rande der heftigen Niederschläge. So erreiche ich endlich Negreira und buche mich im Einzelzimmer einer Pilgerherberge ein. Das Abendessen besteht heute überwiegend aus Radler mit den zugehörigen Tapas - auch so kann man hier gut satt werden.
Paul hatte sich gestern bereits mit gut 100km von Santiago Richtung Osten abgesetzt, um dem Regen zu entgehen. Wenn er das so fortsetzt, ist er sicher schon bald in den winterlichen Gefilden, die von der WetterApp für die Berge vorhergesagt werden. Da habe ich wohl keine Chance, ihn nochmal einzuholen.