Sonntag, 30. Juni 2019

Tag-92 Uppsala - Gävle

Ohne Fenster, aber mit vollständigem Frühstücksbüffet: so lasse ich mir das Hostel gefallen. Und dann kann‘s auch schon losgehen. Zunächst fast 20km schnurgerade. Nicht gerade einladend, weil‘s über eine Schnellstraße geht, die aber einen breiten Seitenstreifen hat. Was die Sonne wärmt frischt der Wind auf. Der weht heute wieder heftig und meist VV. Außerdem macht sich die Versicherungsprämie doch stärker bemerkbar als gedacht. Das Rad fährt nicht mehr ganz so stabil und ich muss erstmal umpacken. Da bleibt aber noch Optimierungsbedarf, vor allem durch Reduzierung. Dabei habe ich doch nur das nötigste dabei ;-)
Unterwegs ist ein eiszeitliches Geröllfeld ausgeschildert. Das sind für mich einfach nur große Kieselsteine, da ich die Erläuterungen auf schwedisch nicht nachvollziehen kann (geologisch Interessierten kann ich die Texte gern zur Verfügung stellen). Mit dem kleinen Ausflug kann ich auch gut meine Mittagspause verbinden. Auf dem weiteren Weg stehen dann noch zwei tausendjährige Runensteine, die aber leider auch nicht auf englisch erläutert werden.
Und dann erlebe ich noch eine überflüssige Premiere: ein Plattfuß :-( mein erster auf der ganzen Tour (sonst wär’s ja auch keine Premiere). Die Ursache mache ich schon bei der Vorbereitung der Reparatur aus: die klassische Reißzwecke ! Ruckzuck ist ein neuer Schlauch eingebaut, etwas Luft drauf und dann ab zur Tanke, um auch den Druck wieder stimmig zu machen.
Nachdem die Wolken immer dichter werden, fallen nun doch die ersten Tropfen. Da es nach mehr aussieht, ziehe ich lieber gleich die Regenklamotten über. Was dann kommt, bleibt aber doch harmlos. An einer Pizzeria lege ich nochmal Kalorien nach: Schnitzel mit Pommes. Das tut nicht nur gut, sondern lässt auch den Regen versiegen. Noch‘n Kaffee und es geht auf die letzte Etappe. Die führt mich über einen felsigen Fluss mit kleinen Stromschnellen. Nicht umsonst werden in dieser Gegend auch Kanu- und Raftingtouren angeboten.
Das Hotel in Gävle liegt super zentral direkt am Bahnhof. Eine Rezeption gibt's mal wieder nur online und telefonisch. Aber es funktioniert und so komme ich zu meiner obligatorischen Dusche. Beim abendlichen Stadtrundgang fällt noch eine indische Pizza mit Krabben ab und ein Bier gibt's auch noch. Auch wenn's noch nicht dunkel ist, ich bin jetzt müde ...











Samstag, 29. Juni 2019

Tag-91 Stockholm - Uppsala

Ein ausgiebiges und vielseitiges Frühstück schafft wieder eine gute Grundlage für die Arbeit des Tages. Matthis hat noch bis zur Abfahrt der Fähre nach Helsinki noch reichlich Zeit zur Verfügung. Wir verabschieden uns und sind gespannt, voneinander zu hören, wie die Touren weiter bzw. zu Ende gehen.
Die Radwege aus der Stadt heraus lassen sich sehr gut fahren, wenn auch wegen Baustellen die ein oder andere Umleitung dabei ist. Sie laufen mal links, mal rechts zwischen den Autobahnen und Bahnstrecken, aber immer auf eigenen Pfaden. Nach etwa 40km errege ich den Flughafen Arlanda. Ab hier wird's dann etwas gemütlicher. Nach meiner Mittagspause mit Picknick komme ich direkt an einer Raststätte der Autobahn vorbei. Gute Gelegenheit, den Luftdruck der Reifen mal wieder nachzubessern. Und einen Latte macchiato mit Croissant zu bekommen :-)
Die Sonne wärmt angenehm, durch den kräftigen Wind ist es aber doch frisch. Der weht mal wieder aus der üblichen Richtung (VV) und ersetzt im flachen Gelände die Steigungen.
Kurz vor Uppsala mache ich noch einen kleinen Schlenker zum botanischen Garten von Carl Linné.
Mein eigentliches Ziel ist aber zunächst der Laden von Decathlon. Dort bekomme ich das bestellte Zelt und eine Isomatte als meine Versicherung gegen fehlende Unterkünfte im dünnbesiedelten Norden. Die Versicherungsprämie beträgt etwa 4kg. Bei meiner ohnehin überladenen Ausstattung kommt's darauf jetzt auch nicht mehr an. Sicherheitshalber lasse ich das Hinterrad gleich noch etwas zentrieren, damit sich die leichte Unwucht nicht noch aufschaukelt. 
An vielen Ortseingängen stehen Hinweisschilder mit einer irgendeiner Begrenzung von maximal einer Minute. Das interessiert mich jetzt aber doch! Der Google translator hilft mir schließlich weiter: Autos dürfen maximal eine Minute im Leerlauf stehen !! Wie sinnvoll. Auch in Zeiten von Abschaltautomatik habe ich vor allem in Frankreich immer wieder erlebt, wie laufende Autos vor einer Bäckerei standen. Ich wäre fast hingegangen, um sie abzuschalten.
Apropos Auto: mir sind noch nie so viele amerikanische Schlitten der 50er und 60er Jahre begegnet wie hier. Da tuckern die Jungs mit tiefdröhnenden sechs-Liter-Motoren durch die Straßen und geben hin und wieder mal richtig Gas ! Ein weiterer Spaß sind offensichtlich durchdrehende Reifen, die im Asphalt eingebrannte schlingernde Spuren mit Schleifen und Kreisen hinterlassen. 
Das Hostel ist direkt im Zentrum von Uppsala am Bahnhof. Gewöhnungsbedürftig ist insbesondere das fehlende Fenster. Das Restaurant am Bahnhof liegt noch in der tiefstehenden Sonne und ist rappelvoll. Das Essen ist lecker, könnte aber mal wieder ein klein wenig größer ausfallen. Anschließend mache ich noch einen kleinen Stadtrundgang zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten. 
Die Festungsanlagen des Schlosses sind weniger gegen mögliche äußere Feinde gerichtet, sondern mehr nach innen. Mit der Reformation hatte sich der schwedische König zum Oberhaupt der evangelischen Kirche gemacht. Das gefiel der Obrigkeit der katholischen Kirche natürlich weniger.
Das reicht für heute, ich will nur noch ins Bett ...













Donnerstag, 27. Juni 2019

Tag-90 Stockholm

Das Bier hat gut gewirkt: ich schlafe heute relativ lange, bin aber pünktlich zur Eröffnung des Frühstücksbüffets an Deck. Jetzt muss ich doch endlich mal die Spezialitäten mit eingelegtem Hering probieren: und die sind wirklich lecker ! Daneben gibt's auch Müsli und Marmeladen, Wurst und Käse, Tomaten und Gurken.
Wenn ich heute auch einen Ruhetag habe, so nutze ich doch das Fahrrad für eine Stadtrundfahrt, weil ich damit richtig rumkommen kann. Und die Radwege erleichtern das Weiterkommen: sie bieten alles, was auch Autofahrer kennen. Also eigene Ampeln, Abbiegespuren, Umleitungen an Baustellen, Raser, Träumer, Trödler und leider auch Unfälle :-(
Ohne festes Ziel umrunde ich die Inseln der Innenstadt und komme unter anderem am ABBA-Museum vorbei. Außerdem habe ich tolle Ausblicke auf verschiedene Teile der Stadt. Zum Mittag muss es dann nochmal so ein leckeres Krabbenbrot sein. Das ist genauso sündhaft teuer wie später der Latte macchiato mit zwei süßen Leckereien.
Im Hafen laufen die Vorbereitungen für das Nord Stream Race. Das Segelrennen kommt nach dem Start bei der Kieler Woche und einer Zwischenstation in Kopenhagen morgen hier an. Dann geht's weiter über Helsinki nach St. Petersburg.
Das ist ja auch das Ziel von Matthis. Er hat sich heute ein Ticket für die Fähre nach Helsinki besorgt. Morgen Nachmittag geht's los und Ankunft ist dann am Samstagmorgen.
Vorher stärken wir uns aber nochmal mit Pizza und Bier bei einem fantastischen Sonnenuntergang.














Tag-89 Öster Malma - Stockholm

Der nächtliche Regen hält auch am frühen Morgen noch an. Also erstmal im Regenponcho übers Gelände zum Frühstück. Das fällt mal wieder super aus: mit allen Variationen, die zum Probieren einladen! Und noch ne Kleinigkeit für unterwegs - in dieser einsamen Gegend setze ich gern auf Selbstversorgung! 
Wenn man das Frühstück nur ausreichend in die Länge zieht, ist der Regen irgendwann vorüber. Der Himmel sieht aber weiter nach greifbarer Feuchte aus und so ziehe ich doch gleich die Regenhose über. 
So verschlungen wie ich gestern hierher gefahren bin, so geht's heute in die andere Richtung weiter. Kleine Nebenstraßen durch viel Wald, ab und zu mal ein Reh, das ein oder andere Gehöft, sonst nix. Die Straße ist fast durchgehend asphaltiert und gibt mir das Gefühl, dass ich mich noch nicht außerhalb der Zivilisation befinde. Unvorstellbar, aber bis Stockholm sind's keine 100km !
Eine Picknickpause mache ich wieder auf freier Strecke, weil es einfach nichts anderes gibt. Selbst die Bushaltestellen bestehen lediglich aus einem einfachen Schild.
Gegen Mittag komme ich schließlich nach Södertälje (das soll den Kennern aus den Stockholmkrimis bekannt sein?). Vor einem Café steht schon ein bepacktes Tourenrad. Das muss eine gute Anlaufstelle sein. Peter aus Luzern hat sich nach der Regentour bereits mit einem Kaffee aufgewärmt und schreibt an seinen Reisenotizen. Seit dreizehn Jahren Unruhestand verbringt er jedes Jahr vier Wochen auf einer längeren Radtour (paarios.ch). Diesesmal zunächst um die Seen im östlichen Finnland nahe der russischen Grenze. Dabei setzt er bisher erfolgreich auf Karten. Das hat dort nicht so gut geklappt, weil viele der Schotterpisten erneuert wurden und dadurch die Hauptrichtung an vielen Weggabelungen nicht erkennbar war. Auch die Beschilderung war lückenhaft und so hat er sich lediglich an einem einzigen Tag nicht verfahren. Über die Schären ist er nach Stockholm gekommen und nun auf dem Weg nach Göteborg. Hier ist er etwas entsetzt, dass sein Bargeld an der Kasse abgelehnt wurde. Wir wünschen uns gegenseitig eine gute Fahrt und vor allem ein Ende des Regens.
Das klappt leider nicht so ganz. Es bleibt feucht. Aber was soll's. Die Radwege nach Stockholm sind richtig gut, auch wenn es teilweise an der Autobahn entlang geht. Dort ist gerade rushhour. Bei Decathlon sondiere ich schon mal die Ausrüstung fürs zelten und bestelle ein Zelt sowie eine Isomatte für die Filiale in Uppsala. Dort komme ich am Freitag vorbei.
Die Radwege führen mich direkt in die City und dort haben Radfahrer überwiegend eigene Spuren. Auf der Rygerfjord habe ich eine Kabine für die nächsten beiden Tage. Matthis ist inzwischen auch angekommen und wir treffen uns zum Essen. Er ist für die Nacht noch nicht fündig geworden und kommt gerne auf mein Angebot zurück, die Doppelkabine gemeinsam zu nutzen. An Bord gibt's noch ein Bier für einen guten Schlaf ...










Mittwoch, 26. Juni 2019

Tag-88 Söderköping - Öster Malma

Auf dem Mühlenhügel am Campingplatz gibt's ein reichhaltiges Frühstücksbüffet mit allen Geschmacksrichtungen von süß bis kräftig und auch verschieben Zubereitungen von Hering. Im Schatten unter den mächtigen Eichen lässt es sich gut sitzen. Futterneider sitzen in den Bäumen: Krähen. Als ich mir noch einen Kaffee hole, setzt eine von ihnen zum Angriff an und holt sich ne Scheibe Käse von meinem Teller! Gegen die Schwerkraft kämpft sie sich damit auf den Baum zurück.
Die heutige Route führt wieder über Nebenstraßen zunächst zu einer Fähre. Damit kann Norrköping umfahren und der Weg um eine kleine Bucht etwas abgekürzt werden. Kurz davor orientiere ich mich nochmal bei Google Maps. Dabei entdecke ich auch mehrere Kommentare, die sich mit der Unzuverlässigkeit der Fähre beschäftigen. Auf einem schwedischen Mobilgerät kann man sich per SMS über die aktuelle Lage informieren lassen. Das habe ich natürlich nicht. Und so kurz vor diesem Ziel bringt das jetzt auch nix mehr. Kurze Zeit später sehe ich schon die wartenden Autos am Anleger und auch die ankommende Fähre. Läuft doch ! 
In der Schlange steht auch ein Radfahrer, der sich die Zähne putzt! Matthis kommt gerade aus den Büschen vom wilden campen. Er ist aus Bielefeld - gibt's das denn doch ? - und ist über Dänemark auf dem Weg nach Stockholm. Von dort will er mit der Fähre nach Helsinki und über St. Petersburg und das Baltikum zurück.
Auf der Anzeigentafel wird irgendwas von tekniske problemen und 14:00 klockan geschrieben. Woher wissen die denn um halb zwölf, dass sie ab 14 Uhr technische Probleme haben werden ? Da ist wohl mal wieder der Wunsch Vater meines Gedankens! Die haben natürlich jetzt Probleme und hoffen, sie bis 14 Uhr beheben zu können. Ich frage mal nach, weil meine Tourplanung da doch etwas durcheinander gerät und mein Quartier in unerreichbare Ferne rückt. Die Umfahrung macht etwa 50km aus, kostet also etwa drei Stunden reine Fahrzeit und jede Menge Kraft. Und danach habe ich noch weitere 60km. Auch wenn's lange hell ist, wäre das doch etwas sehr sportlich. Andererseits können die natürlich nicht garantieren, dass sie die Reparatur bis dahin wirklich schaffen. Aber der Techniker ist optimistisch und schlägt vor, wir sollten die Pause genießen.
Die Autos drehen schon ab und nehmen den Umweg in Kauf. In der Schlange hatte ich bereits einen PKW mit leerem Hänger ausgemacht. Der Fahrer scheint noch unentschlossen, ob er auch fahren oder doch warten soll. Ich frage nach und der ältere Herr mit seiner Frau will nun doch den Umweg von etwa einer Stunde in Kauf nehmen. Ich brauche unser Problemchen gar nicht zu schildern, da bietet er uns schon die Mitfahrt an. Also verladen wir die Räder auf dem Hänger und los geht's. Sein Fahrstil erscheint nicht immer ganz sicher, aber mit Hilfe der Korrekturanweisungen seiner Frau kommen wir doch wohlbehalten auf der gegenüberliegenden Seite an. Die beiden sind zu Hause, für uns geht's weiter Richtung Stockholm. Tack so mycket ! Das war doch mal wieder ein echtes Erlebnis mit großartiger spontaner Hilfsbereitschaft !
Auf freier Strecke machen wir mangels besserer Gelegenheiten an einer Bushaltestelle zum Mittag ein Picknick. Matthis hat natürlich seine Küche mit Vorrat und ich noch etwas Proviant dabei. 
In Nyköping beginne ich mit der Nachrüstung für etwaigen Campingbedarf im Norden. Bei 
Lidl ist der Schlafsack noch zu haben. Um Stockholm gibt's dann noch zwei Decathlon, wo ich mir schon ein Zelt und eine Isomatte ausgesucht habe. Ob ich wirklich zelten will, weiß ich noch nicht. Aber als Beamter habe ich schon gerne eine Zusatzversicherung :-)
Nach einem guten Latte macchiato mit einem süßen Teilchen fahren wir noch einige Kilometer gemeinsam. Dann trennen sich unsere Wege. Matthis will noch ein bis zwei Stunden Richtung Stockholm ans Wasser zum campen und ich fahre noch etwa zehn Kilometer zum ausgeschilderten Öster Malma, einem Wildpark und einer Restauration. Wir verabreden uns für morgen Abend schon mal auf ein Bier in Stockholm.
Für mich geht's über eine kleine Straße durch die pure Einsamkeit eines Naturschutzgebietes. Im Gebüsch springt ein Reh auf, aber sonst sind nur Vögel zu hören. Dann komme ich zum Schloss Öster Malma. Mir ging's bei der Buchung ja mal wieder nur um ein günstiges Bett mit Dusche. Aber was mich hier erwartet ist der Hammer: mitten im nirgendwo eine Schlossanlage mit Hotel und einem Wildpark. Betreiber ist der schwedische Jagdverband. Ja, was sich die grün berockten Herren (und Damen) da eingerichtet haben, ist schon beeindruckend. Die ham's ja wohl, sind ja auch meist betuchte von und zu und andere Großgrundbesitzer, Rechtsanwälte, Geschäftsleute, angehende Ministrialdirigenten und so.
Ich bin zwar nicht im Hotel, aber das Gästehaus im Seitenflügel hat alles, was ich brauche. 
Deshalb hatte ich mir auch noch ein Fertiggericht, Joghurt,  Bier und Cola fürs Abendessen besorgt. Zumal für mich nicht ersichtlich war, dass ich hier anders satt werden könnte. Echt schade um das leckere Wildbuffet !