Die Nacht war erträglicher als befürchtet. Mit zwei Decken über meinem Seidenschlafsack, Unterwäsche & Pyjama & Strümpfen sowie meiner Mütze (ich hatte gerade erst vor zwei Tagen meinen Haarschnitt wieder aktualisiert) ließen sich die elf Grad Celsius gerade so ertragen. Auch die sieben Mitschläfer im Schnarchsaal waren rücksichtsvoll.
Morgens ist dann aber Schluss mit lustig: Paul will wie die anderen ohne Frühstück starten! Die anderen waren um acht durch die Tür, wir brauchen erfahrungsgemäß etwas länger, sind heute aber auch bereits kurz nach halb neun startklar. Also noch schnell ein Teilchen aus dem Automaten. Der braucht sich für die Kühlung auf 9,6 Grad gar nicht anzustrengen, Kaffee bietet er leider nicht. Kurz vor neun wagen wir dann aber doch noch einen Besuch in der Bar. Es gibt zwar kein Frühstück, aber wir werden mit Café con belohnt. Als Zugabe wird auch noch ein Gasofen angeworfen. So könnten wir's aushalten. Aber wir wollen ja den Nieselregen nicht verpassen, ziehen die Regenklamotten über und starten so früh wie nie zuvor. Unsere Einheit Frühsport zieht sich über 60 Minuten und 7km. Das hört sich erstmal harmlos an. Wir haben aber erschwerte Bedingungen: etwa 340 Höhenmeter und jeder wenigstens 25kg Übergewicht. Außerdem bringt das Thermometer immer noch nicht mehr als 9 Grad.
Die Landschaft bleibt grandios, im Rückblick machen wir sogar Sonnenschein aus - da haben wir wohl mal wieder die falsche Richtung eingeschlagen? Am Straßenrand ein toter Fuchs: wie hat der das denn geschafft? Hier kommen wohl kaum mehr als zwei Autos am Tag vorbei ?
Oben hören wir ein Windrad, das sich aber im Wolkenschleier verbirgt, geradezu gespenstisch sind die rotierenden Flügel auszumachen.
Die Anstrengung hat sich jedenfalls gelohnt. Der Regen ist weg, die Sonne kämpft sich durch die Wolken und es wird auch schon etwas wärmer. Nicht, dass uns nach dem Anstieg nicht ohnehin warm ist, aber durchgeschwitzt wie wir sind, ist Kälte einfach sehr unangenehm. Wir kommen durch intensiv mit Milchkühen genutztes Grünland, auch größere Ställe sind auszumachen. Faszinierend bleibt aber die Vegetation mit kräftigen Farben: gelber und weißer Ginster, lila Heide, hellgrüne Laubbäume, dunkelgrüne Nadelbäume.
Nach 20km ist in Rodeiro der nächste Café con fällig. Auf die regionale Spezialität "Pulpo" (das Meer ist hier aber noch lange nicht auszumachen) verzichten wir noch. Die Klamotten von gestern sind zwar verschwitzt, aber (fast) trocken und dann doch angenehmer als das nasskalte Zeug von heute morgen.
Zu intensivem Blütenduft kommt dann auch noch der Duft von frisch geschnittenem Gras, das in der Sonne trocknet - genial!
Unser heutiges Pensum ist begrenzt, weil die Quartiere bis Santiago nicht so recht in unseren Rhythmus passen. Deshalb können wir uns in Agolada auch noch eine richtige Mittagspause gönnen. Auf kulinarische Experimente möchte ich heute verzichten und beende die Fastenzeit vorzeitig mit einer Kalbslende - erleichtert stelle ich fest, dass auch regional people nicht konsequent bei Fisch bleiben.
Außerdem hat hier doch tatsächlich ein Laden geöffnet! So kann ich mir endlich ein Paar Socken zulegen: unterwegs hatte ich ein Paar gewaschen und zum Trocknen auf den Lenker gelegt - einer ging auf der Fahrt verloren. Und vor ein paar Tagen ging dann ein zweites Paar im Bermudadreieck der Taschen verloren :-( höchste Zeit für Ersatz !
Und so treten wir müde die letzten km für heute an, die immer wieder auch Anstiege beinhalten. In Vila de Cruzes bekommen wir ein großzügiges Zimmer und lassen den Tag ruhig ausklingen. Für Santiago gehen wir auf Nummer sicher und buchen schon mal vorab.
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