Donnerstag, 18. Juli 2019

Tag-110 Hetta/FIN - Kautokeino/NOR

Den Tag gehen wir recht gelassen an, bekommen wir doch mit dem anstehenden Grenzübergang nach Norwegen eine Stunde gutgeschrieben. Beim Frühstück decken wir uns wieder für den Tag ein, da die Versorgung auf der Strecke ungewiss ist.
Bei Sonnenschein aber frischen 15 Grad geht's dann mit langen Hosenbeinen und Jacke los. Wenig später ziehe ich auch noch die Armlinge an.
Wir sind gerade mal ne gute Stunde unterwegs, da wird ein Café angekündigt. Das passt uns ganz gut, weil gerade die ersten Tropfen fallen. Es handelt sich um ein Souvenirshop in Verbindung mit Unterkünften und verschiedenen Winterangeboten für Touristen. Die junge Wirtin hat mit ihren Schwiegereltern Dienst. Außer uns ist aber niemand da. Der Ehemann ist wie viele andere Rentierhalter bei der Vergabe von Ohrmarken an die jungen Kälber unterwegs. Die Rentiere ziehen sich vor den Mücken auf die Höhen mit mehr Wind zurück.
Wir bekommen auch die Erklärung, dass sich Rentiere im Norden und Hirsche im Süden kaum unterscheiden. Die Beine der Hirsche sind wohl etwas länger. Zum Schutz der Natur können zeitweise nicht alle Kälber aufgezogen werden. Zuletzt mussten 80% aufgrund EU-rechtlicher Vorgaben dezimiert werden. Das muss ich mir gelegentlich doch noch mal von meiner Kollegin Tiina aus Helsinki erklären lassen.
Zum Kaffee bzw. Schokolade essen wir unseren Proviant, außerdem gibt's Rosinenstollen mit Marmelade und Kekse, die mich geschmacklich schon dem Weihnachtsfest näher bringen.
Im Winter gibt's hier für mein Empfinden perverse Erscheinungen: für einige Stunden fliegen Briten ein, die eine Schlittenfahrt mit Rentier und ähnliches mit dem Weihnachtsmann verbringen wollen !? Auch wenn die Leute hier davon leben, das darf doch nicht wahr sein !!!
Draußen machen wir noch Bekanntschaft mit Lukas, dem Hausrentier. So haben wir wenigstens schon mal eins gesehen. Auf der weiteren Fahrt liegen dann aber doch noch zwei Tiere hinter den mickrigen Birken. Bevor wir jedoch  ein Foto machen können, sind sie mit Glockengeläut schon in den Büschen verschwunden.
Über mehrere Kilometer wird auf kleinen gelben Schildern die Speisekarte eines Tankstellenrestaurants präsentiert. Wir halten kurz an, weil dort zwei beladene Räder stehen. Zwei Rumänen sind vom Nordkap auf dem Weg nach Hause. Na dann gute Fahrt.
Kurz danach passieren wir die Grenze nach Norwegen. Eine „echte“ Grenze, handelt es sich doch um eine EU-Außengrenze. Aber außer ein paar Schildern passiert hier nix, keine Kontrolle. Es gibt jedoch einen recht hohen Zaun. Dem schreibe ich mal die Funktion eines Tierzauns zu. Auch das werde ich Tiina noch fragen.
Das Wetter ist heute sehr unbeständig: mal fallen ein paar Tropfen, dann kommt die Sonne wieder durch. Ich brauche noch einen Boxenstopp und so halten wir kurz vor unserem heutigen Ziel an einem Campingplatz. Bei dieser Gelegenheit lassen wir uns einen weiteren Kaffee bzw. eine heiße Schokolade nicht entgehen. Noch dazu mit einer Schnitte von der Biskuitrolle. Die gibt's aber nicht als Lockangebot für zweimal fünfzig Cent wie gestern, sondern nur gegen harte norwegische Kronen: genauer 70 NOK, das sind etwa 7 Euro. 
Hier wird jetzt alles ein bisschen heftiger: neben den Preisen wird die Natur mit zunehmender nördlicher Breite immer karger und die Moskitos werden immer mehr und aggressiver.
Zwischen zwei Regenschauern wollen wir noch schnell in unsere Hütte kommen ... doch kurz vorher bekommen wir noch ne richtige Dusche ab. Ich hatte heute auf Regenklamotten verzichtet und bin nass wie ne Katze. Meine Freude auf eine heiße Sauna ist leider unberechtigt. So bleibt nur die heiße Dusche. Auch da muss aber erstmal die Mückenplage vertrieben werden.
Im Supermarkt holen wir uns neben Verpflegung auch diese Glimmstängel, um die Mücken zu vertreiben. Hier wird uns nun auch schmerzlich bewusst, dass wir besser einige Bierdosen aus Finnland mitgebracht hätten. Die Preise sind ernüchternd und wir beschränken unseren Bierkonsum auf symbolische Mengen. Es gibt auch eine Beschränkung des Verkaufs von Bier: während der Laden bis 23 Uhr geöffnet ist, wird der Rollladen am Bierregal schon um 20 Uhr runter gelassen. Nach dem Kassenzettel hätten wir einen bis zum Rand gefüllten Einkaufswagen hier rausschieben müssen, doch in unseren Tüten ist nicht viel drin.
In der Gemeinschaftsküche herrscht schon Hochbetrieb, aber der Wechsel am Herd klappt ganz gut. Gemeinsam mit einem Ehepaar aus Dänemark sitzen wir dann beim Essen und haben eine spaßige Unterhaltung.
Abschließend gibt's in einem großen Zelt für alle ein gemütliches Lagerfeuer. Das hat gleich zwei Vorzüge: es ist warm während es draußen doch schon frisch wird. Und vor allem herrscht hier mückenfreundlichen Zone - und das ist sehr angenehm :-)















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