Um kurz vor sieben geht der Weckdienst durch die Herberge, unterstützt durch Kirchengesang aus der Dose. Das Frühstück ist erstmals inklusive und außerdem gut.
Aber auch hier muss die Bude um acht für die tägliche Reinigung geräumt sein. Also packe ich zusammen und setze mich auf eine Terrasse für einen weiteren Café con ... Nein, der heißt hier ja cafe au lait - ist im Ergebnis das gleiche, aber in Frankreich natürlich etwas teurer.
Etwas wehmütig, aber vor allem dankbar schaue ich auf fünf Wochen camino zurück: knapp zweieinhalb tausend Kilometer, noch dazu ohne Panne oder gesundheitliche Probleme, viele Begegnungen, einige neue Bekanntschaften und Erfahrungen. Wie's wohl weiter geht ?
Bon Jour, merci und au revoir klappen schon ganz gut, aber immer wieder kommen auch si, gracias und adios durch. Und natürlich auch englisches Vokabular, das in Frankreich aber meist nix bringt. Um mich auf einen englischen Satz vorzubereiten habe ich in den letzten Wochen tatsächlich bereits in englisch "gedacht" und das Material zusammensucht :-) Fazit: Sprache lernt man am besten im Alltag vor Ort !
Saint Jean liegt bereits unterhalb von 200müNN und so ist im folgenden welligen Hügelland bereits eine Höhe von 320m als col ausgeschildert ;-) aber die absolute Höhe sagt natürlich gar nichts! Es geht ständig auf und ab und richtig in die Beine. Ich wollte es heute eigentlich langsam angehen lassen. Dafür ist die romantische Nebenstrecke aber gar nicht geeignet. Es geht durch grüne Täler mit vielen kleinen Schafherden und Mutterkühen. Einheitlich gebaute Häuser: weiß getüncht, rote Fensterläden, Balken und Dachüberstände, graue Steine über den Fenstern und an den Ecken. Und alles sehr ordentlich und sauber. Das ist das französische Baskenland.
In Saint Palais mache ich Mittagspause, auch einige andere Pilger sitzen vor dem Restaurant in der Sonne. Es gibt ein Tagesmenü, aber nicht zu spanischen Konditionen! Getränk geht extra und der große Kaffee mit viel Milch geht auch über das Angebot hinaus.
Im Supermarkt besorge ich mir noch etwas Proviant für unterwegs. Am Eingang bereitet sich ein Radpilger vor. Er ist aus Russland nach Bordeaux geflogen und nun auf dem Weg nach Santiago - buen camino !
Ich recherchiere derweil, wie ich heute Abend unterkommen kann. Airbnb ist mein neuer Helfer dabei. Die Angebote sind allerdings nicht so reichlich. Ein gutes Angebot gibt's in 50km Entfernung - da ist dann aber nix mit Ruhetag !? Unterwegs bekomme ich die Bestätigung für die Reservierung und so muss ich eben weiter.
Kurz vor Escos verpasse ich eine Abfahrt und fahre einen kleinen Umweg. Auf einer Anhöhe kommt gerade ein französischer Rennradler an und hält für eine Trinkpause. Wir kommen ins Gespräch - soweit mein Gestammel als solches bezeichnet werden kann - er ist Rentner (mit 61) und will mit mir nach Escos fahren. Das ist natürlich super, weil er mir im angemessenen Tempo Windschatten bietet und ich mich motiviert fühle, sein Tempo trotz 25kg Übergewicht mitzugehen. Er gibt mir noch Tipps für den weiteren Weg, den ich noch vor mir habe. Landschaftlich ist es weiterhin eine Augenweide, vor allem der Blick zurück auf die schneebedeckten Gipfel der Pyrenäen, die ich erst für Wolken gehalten habe. Aber das Gelände ist weiterhin äußerst wellig. Und so stehen am Ende über 90km mit rund 1.100 Höhenmetern!! Ach ja, den Wind möchte ich nicht unerwähnt lassen: meist stramm und natürlich VV.
Die private Unterkunft liegt sehr schön und zu meinem Proviant bekomme ich von Madame noch einen vin rouge, der mich schnell in den Schlaf bringt.
Das ist ja ein opulentes Mahl und ich erkenne "la vache qui rie “.
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