Das Frühstück von Evelyn ist toll: eigene Marmelade aus Erdbeeren/Rhabarber, Zitronen oder Feigen. Sie spricht mit mir französisch und solange das Thema bekannt ist, kann ich ganz gut folgen. Aber beim Themenwechsel kombiniert mit Schnellsprech komme ich dann nicht mehr mit und muss um Wiederholung und Vereinfachung bitten. Sie haben das alte Haus vor zehn Jahren ausgebaut und vermieten drei Zimmer. Gäste sind Radler auf der ViaRhona, Urlauber mit Zwischenstation auf dem Weg aus Meer und auch Weingäste.
Für den Wind gibt's hier einen ganz einfachen Namen: vent du nord - und da ich immer nach ...
Was soll's heute habe ich eh nur ne kurze Etappe bis Lyon. Dort habe ich mir schon das nächste Quartier gesichert. Meist gehe ich ja eher nach dem Preis - aber dieses einmalige Angebot konnte ich dann doch nicht ausschlagen! Auf einer Peniche - einem ehemaligen Lastkahn! Die Fotos versprechen einen gewissen Luxus und eine Sauna ist auch an Bord :-))
Zunächst geht's aber wieder durch viel Natur. Auf zwei Inseln in der Rhone hat CNR (compagnie nationale du Rhone - das ist der Betreiber der Staustufen und Wasserkraftwerke) Naturschutz umgesetzt. Wahrscheinlich späte Ausgleichsmassnahmen für die Sünden der 50er Jahre?! Jedenfalls mit viel Publicity und Hinweisschildern. Auf einem ist ein Reiher abgebildet und kündigt eine Beobachtungsstation an: wie zum Beweis steht da auch einer (der ist wahrscheinlich angekettet?). Auch Biber sollen sich hier wohl fühlen.
Die Schifffahrt ist für 110m und etwa 3.000t ausgelegt, aber offensichtlich nicht konkurrenzfähig. Nur ab und zu ist ein Kreuzfahrtschiff oder ein Lastkahn zu sehen. Auf der parallelen Autobahn (die zur Sonne) stauen sich dagegen die LKW.
Die klassischen Weinschlösser - die auf den Flaschen - sind meist hinter hohen Mauern und Hecken versteckt: Château Boeuf de Briand und so ...
Ich komme etwas zu früh an der l’oiseau bleu an: Fred schlummert noch im Mittagsschlaf, also gehe ich noch einen Café au lait trinken. Anschließend setze ich mich noch aufs Oberdeck bis er dann doch etwas verschlafen auftaucht. Er hat den Kahn weitgehend selbst ausgebaut, ist nach 3 Millionen km LKW mit 60 im Ruhestand, lebt nun selbst auf dem Schiff und von der Vermietung von Zimmern und Appartements auf dem Kahn! So geht's auch ;-)
Er zeigt mir auf dem Stadtplan noch die wichtigsten Punkte für eine Rundfahrt mit dem Fahrrad. Und dann kommen sie endlich zum Einsatz: seit sieben Wochen und 3.600km habe ich sie im Gepäck. Nun erblicken sie erstmals die Sonne: meine Sandalen!
Der Name Lyon hat übrigens nix mit dem englischen Löwen zu tun, sondern leitet sich aus dem Namen einer keltischen Siedlung ab, die mal wieder von den Römern ausgebaut wurde: mit Arena, Theater und so weiter. Die Stadt setzt aber voll auf Moderne, aktuelle Architektur in hippem Stil. Sie liegt an der Mündung der Saône in die Rhone und könnte somit auch Koblenz heißen. Immerhin gibt's ein eigenes Musée des confluences. Mit über 500.000 Einwohnern ist sie nach Paris und Marseille die drittgrößte Stadt Frankreichs. In der Metropolregion tummeln sich über 2 Millionen Menschen.
Die Stadt hat's mir angetan: die Kombination aus alt und neu ist wirklich gut gelungen. Die Innenstadt ist nur für Fußgänger, Radfahrer und diese neuen E-Scooter freigegeben. Die Dinger gehen ganz schön ab. Inzwischen gibt es sie wie Fahrräder in der überall-Ausleihe. Und so stehen sie auf Bürgersteigen, an Kreuzungen und Bushaltestellen. Moritz hätte daran sicherlich seine Freude.
Die Stadt verteilt sich auf mindestens zwei Hügel, damit ich heute auf meine Höhenmeter komme! Aber die Aussicht lohnt sich. Und auch die marokkanische Tajine a la Berbere mit Rotwein ...
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen