Samstag, 27. April 2019

Tag-28 Portomarín-Alto do Poio = der Härtetest

Vom Papier her steht heute eine der härtesten Etappen an: 60km mit 1.610hm und das mit dem bereits erwähnten Übergewicht ! Das Frühstück fällt zunächst wieder gut und üppig aus, denn man weiß ja nie. Nur Tobias fühlt sich nach der Queimada von gestern Abend noch nicht so richtig fit und verzichtet; er verabschiedet sich Richtung Santiago - buen camino!
Rechtzeitig zum Start gibt's mal wieder Regen und für uns ein warm-up mit etwa 300hm auf 6km. Oben gönnen wir uns ne kurze Pause; ich mit Café con und trockenen Klamotten. Vor uns stehen jetzt erstmal ca 35km welliges Gelände mit den „üblichen" Anstiegen. Die Landschaft ist phantastisch, der Regen ist inzwischen weg. Nach einer Woche ohne sind auch wieder einige Störche zu sichten. In Sarria gibt's auf halbem Weg noch mal ne kräftige Mittagspause. Bei der Weiterfahrt kommt uns dann doch tatsächlich ein Schneepflug entgegen: Aber von Schnee ist hier (noch) keine Spur!
So sammeln wir weiter unsere km und hm und kommen endlich nach Triacastela auf 670m. Es ist inzwischen halb fünf, wir nehmen einen letzten Café con und dann den Schlussanstieg in Angriff. Der zieht sich laut Tourplan über etwa 15km und knapp 700hm und sollte dann doch in anderthalb Stunden zu schaffen sein? Auf den Höhen sind tatsächlich Schneeflecken auszumachen, müssen wir so hoch?
Nach kurzer Strecke verlassen wir die Straße und fahren über eine asphaltierte Nebenstrecke. Und dann steht eine Wand vor uns!! Sie ist natürlich nicht senkrecht, kommt uns aber so vor. Also runter vom Sattel und schieben bei 17% - das ist nicht die spanische Mehrwertsteuer, sondern die Anzeige meines Tachos für die Steigung. Und die geht auch auf den folgenden etwa 3km nur unwesentlich runter! Immerhin bleibt uns der Wettergott gnädig. Endlich kommen wir oben wieder auf eine Straße mit Markierung. Sie führt uns weiter nach oben, aber doch vergleichsweise moderat. Unsere Kräfte schwinden, dafür wird's kälter. Auf der Hauptstraße gehen die Steigungsprozente weiter zurück, dafür sind wir jetzt im Schnee und erreichen den heutigen Höhepunkt: Alto do Poio auf 1.335m. Es ist inzwischen 20 Uhr und das Thermometer zeigt 3,6 Grad Celsius an !!! Aber ein Zielfoto muss hier noch sein: Gratulation, Härtetest bestanden! Kurz unterhalb des Passes beäugen wir die öffentliche Herberge. Die 20 Betten sind noch nicht ausgebucht und so bleiben wir. Die Bude ist ziemlich kalt, aber die Dusche heiß. Im Schlafsaal gibt's immerhin ne Heizung, außerdem sorgen zehn Frauen und Männer für menschliche Wärme. Natürlich auch für menschliche Gerüche; doch die nimmt man nach drei Atemzügen nicht mehr wahr. Jetzt noch schnell in die Bar für ne warme Mahlzeit, denn pünktlich um zehn ist die Tür zu. Und die Herbergsmutter macht nicht den Eindruck, dass sie auch nur eine Minute länger wartet. Also bleiben uns 49 Minuten. Die Chefin kennt die Bedingungen der Herberge und bedient uns just in time: caldo galego, Rippchen mit Pommes, flan und Café con! Sooo was von lecker nach dieser Tortour! 21:59 Uhr kommen wir zurück und Mutti hat schon den Schlüssel im Schloss.
Auf Herbergen bin ich nur begrenzt eingerichtet: Seidenschlafsack und Handtuch aus Microfaser. Dummerweise gibt's trotz Kälte hier oben keine Decken. Da ist die Seide nen bisschen dünn. Im Essbereich ist für die Wahl am Sonntag schon eine Kabine aufgestellt. Die hat einen Vorhang, der zwar nicht aus Wolle ist, aber doch etwas helfen sollte :-)









2 Kommentare:

  1. Mitzulesen bleibt beeindruckend! Mein Bild von Spanien verändert sich stark. Einige Etappen würde ich gerne mitfahren. Da hätte ich mich wohl auch beim ADFC bewerben sollen ;-)! Weiterhin viel Freude!

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