Dienstag, 23. April 2019

Tag-25 Muxia-Negreira

In der Nacht habe ich schon den Regen prasseln hören. Da brauche ich gar keine WetterApp, die hier eh nicht läuft. Heute morgen sieht's jedenfalls nicht besser aus. Frühstück gibt's hier erst gegen halb zehn, also mache ich mich in Regenklamotten plus Regenponcho erstmal auf den Weg - vielleicht bietet sich ja unterwegs ein Frühstück. Damit begrabe ich einen meiner alten Grundsätze und starte sehenden Auges in den (heftigen) Regen. Nach kurzem Weg mache ich jedoch schon im Dorf in einer Bar Halt. Dort haben sich bereits einige Pilger versammelt und warten auf ein Ende des Regens. Also erstmal ein leckeres Frühstück. Und weils mit dem Ende des Regens laut App noch etwas dauert, gleich noch etwas ausgiebiger. Ich unterhalte mich noch mit drei jungen Leuten aus Köln und Südtirol, die sich auf dem camino del norte kennengelernt haben und nun kurz vor dem Ziel in Finisterre sind. Gegen elf klart es dann wie angekündigt auf und der Regen lässt nach, also auf geht's. Die Landschaft hat einige Wellen, die immer wieder mit heftigen Anstiegen verbunden sind: was nützen mir 8% Gefälle, wenn's auf der anderen Seite genauso steil nach oben geht? Das ist ein Nullsummenspiel für die Höhe, aber ein richtiges Defizit für die Kräfte. Aber, um mit Paul zu sprechen: that's not complaining, it's only a description of the situation ;-) Der Spaß hört aber endgültig auf, als meine Anzeige auf dem Tacho 20% anzeigt: das ist wie Treppen steigen, nur ohne Stufen :-(
Schließlich komme ich aber doch noch in Muxia an, einem weiteren Ziel des Jakobsweges mit einer Wegmarke Null. Inzwischen scheint die Sonne und ich genieße die stürmische Brandung. Dann heißt es zurück Richtung Santiago. Von den gut 70km habe ich mir 50 vorgenommen; das sollte für heute reichen, da noch einige Höhenmeter da drinstecken. Die bekomme ich auch gleich zu spüren! Der Wind ist inzwischen gnädig, nachdem er heute morgen noch vorzugsweise VV drauf hatte. Die Sonne wärmt mir angenehm den Rücken und bei zunehmendem Gefälle ergeben sich auch längere Strecken mit über 20km/h - so kann's weitergehen. Aber irgendwann ziehen mir dann auch wieder Regenwolken nach. Bei einer Kaffeepause holen Sie mich endgültig ein; aber ich habe Glück und bleibe am Rande der heftigen Niederschläge. So erreiche ich endlich Negreira und buche mich im Einzelzimmer einer Pilgerherberge ein. Das Abendessen besteht heute überwiegend aus Radler mit den zugehörigen Tapas - auch so kann man hier gut satt werden.
Paul hatte sich gestern bereits mit gut 100km von Santiago Richtung Osten abgesetzt, um dem Regen zu entgehen. Wenn er das so fortsetzt, ist er sicher schon bald in den winterlichen Gefilden, die von der WetterApp für die Berge vorhergesagt werden. Da habe ich wohl keine Chance, ihn nochmal einzuholen. 








1 Kommentar:

  1. Mein lieber Georg! Jetzt bist Du schon mehr als drei Wochen unterwegs. Normalerweise ist das der zeitliche Umfang eines längeren Urlaubs. Du hast aber noch jede Menge Zeit. Was ist das für ein Gefühl oder kommt so ein Gedanke gar nicht hoch? Hier tobt gerade ein Unwetter. LG! Anne

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